009
29.01.2009, 21:07 Uhr
0xdeadbeef
Gott (Operator)
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Auch in Deutschland muss die Maßnahme verhältnismäßig sein. Du darfst als Arbeitgeber nicht einfach einen Keylogger auf die Rechner deiner Angestellten bringen, das verstößt gegen ihre Persönlichkeitsrechte. Du darfst auch nicht so ohne weiteres überall Videokameras aufhängen, selbst wenn du sie sichtbar machst und darauf hinweist.
Damit so etwas gerechtfertigt ist, muss ein Verdacht bestehen, dass gegen Regeln verstoßen wird, und auch da ist nicht jede tiefgreifende Maßnahme automatisch rechtens. Zum Beispiel dürftest du, wenn du den privaten Internetgebrauch untersagt hast (sowas darf ein Arbeitgeber in DE) und du den Verdacht hast, dass Mitarbeiter X gegen diese Auflage verstößt, Ermittlungen aufnehmen - in diesem Fall zum Beispiel seinen Internetverkehr mitschreiben und durchsehen, nicht aber sofort alles loggen, was der auf seinem Rechner macht (i.e., Keylogger). Letzteres wäre erst gerechtfertigt, wenn weniger tief greifende Maßnahmen fruchtlos bleiben, ohne den Verdacht zu entkräften - zum Beispiel, wenn sich rausstellt, dass X tor o.ä. benutzt. Das ganze muss, soweit ich weiß, mit dem Betriebsrat (sofern es einen gibt) abgeklärt werden, geschieht aber ohne Wissen des Mitarbeiters X (wär ja sonst auch irgendwie dämlich).
Die große rechtliche Schwachstelle, die sich im letztens in einigen Fällen sehr deutlich gezeigt hat ist, dass im Zweifel der Arbeitgeber entscheidet, was ein Verdacht ist, womit das ganze in der Praxis hinfällig wird - hinreichend mangelnde Skrupel des Arbeitgebers vorausgesetzt (was ja glücklicherweise zumindest im Mittelstand (noch?) nicht die Norm ist). Und dass der Verdacht auf jeden Blödsinn so etwas rechtfertigen kann. Ursprünglich war das ganze wohl mal gedacht als Mittel gegen Industriespionage, Diebstahl und vergleichbar schwerwiegende Dinge, aber wie das so ist - Gesetze verfilzen. Zwanzig Jahre (Zahl aus der Luft gegriffen), nachdem eine Regelung eingeführt wurde, hat sich das Umfeld komplett gewandelt - so ist zum Beispiel Überwachung technisch viel einfacher umzusetzen - Interessengruppen haben zwanzig Jahre lang an verschiedenen Ecken in verschiedene Richtungen gezogen, und auf einmal kann jemand erfolgreich argumentieren, dass, wenn Leute schon nicht mehr einfach aufgrund mangelnder Leistungen gefeuert werden können, doch wenigstens erlaubt sein muss, Faulheit nachzuweisen. Andere Leute sitzen an der Macht, und einem Innenminister ist es vielleicht zu dem Zeitpunkt eigentlich ganz recht, wenn Überwachung normal wird - solche Dinge.
Im Grunde ist das ganze Feld von Grund auf reformbedürftig; im Informationszeitalter haben Informationen halt einen ganz anderen Stellenwert. Der vor zwanzig Jahren durchaus noch vernünftige Gedanke, dass eh niemand eine Totalüberwachung umsetzen wolle, weil zwanzig Häuserblöcke voll Aktenordner viel zu aufwändig zu verwalten, geschweige denn durchzusehen wären, ist in Zeiten relationeller Datenbanken und Terabyte-Festplatten schlichtweg albern. Und selbst da hätte ja ein Blick auf die Stasi drüben einen eines besseren belehren können.
Zu dumm, dass ich der gegenwärtigen Politikerriege nicht zutraue, dies auf eine Weise umzusetzen, die die Bürgerrechte wahrt, und dass es wohl auch keine vertrauenswürdige geben wird, bis diese ganze Terrorismusangstmacherei zu Ende ist. -- Einfachheit ist Voraussetzung für Zuverlässigkeit. -- Edsger Wybe Dijkstra |