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27.02.2011, 23:15 Uhr
0xdeadbeef
Gott (Operator)
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Mit der Topologiekiste meine ich, dass man in einem Netzwerk von Organisationen, die untereinander verbunden sind, einige bis jedes (abhängig von individuellen Verstrickungen) in den Mittelpunkt rücken und die anderen konzentrisch darum anordnen kann, indem man die Verbindungslinien entsprechend lang aufzeichnet. Das gemeinte Argument hielte nur dann Wasser, wenn untereinander nicht in Kontakt stehende Institutionen über eine Zentrale miteinander verbunden wären, wie es in diesem Zusammenhang nicht der Fall ist.
Der weitere Artikel, den du nennst (in zwei Teilen), scheint ähnlich schlecht recherchiert. Die Frage nach der Herkunft des Vermögens der Guttenbergs, beispielsweise, hätten fünf Minuten Nachforschung auf Wikipedia ergeben: "Ursprung des Vermögens sei neben Großgrundbesitz das Rhön-Klinikum in Bad Neustadt an der Saale gewesen." Beim "Young-Leaders-Ausbildungsprogramm", wie der Artikel es nennt, handelt es sich nicht um ein Ausbildungsprogramm, sondern um eine jährlich stattfindende Konferenz, die "American-German Young Leaders Conference". Die Homepage des Bundestages wird falsch und sinnentstellend zitiert. Mangelnde Englischkenntnisse der Autorin werden als Indiz genommen, so etwa das Wort "programming" als Gehirnwäsche und "to reach out to so." als "nach etw. greifen" missverstanden. Ich lasse Folgendes mal unkommentiert hier stehen:
Zitat: |
The American Council on Germany reaches out to the next generation of decision-makers and opinion leaders by organizing conferences to familiarize them with key transatlantic issues and to enable them to establish a network of contacts across the Atlantic. American-German Young Leaders Conferences bring together about 50 Germans and Americans and take place on an annual basis. The first Young Leaders Study Group on the Future of Europe convened 37 Young Leaders from Western Europe, Poland, Russia, and the United State four times over the course of two years.
Zu deutsch: „Das ACG greift [also] nach der nächsten Generation von Entscheidungs-Machern und Meinungs-Führern, indem er Konferenzen organisiert, um sie mit transatlantischen [ein Schlüsselwort für US-amerikanisch] Schlüsselthemen bekannt zu machen und sie in die Lage zu versetzen, ein Netzwerk von Kontakten über den Atlantik hinüber zu errichten. Die Amerikanisch-Deutschen-Junge-Führer-Konferenzen bringen ungefähr 50 Deutsche und Amerikaner zusammen und finden jährlich statt. Die erste Junge-Führer-Lern-Gruppe über die Zukunft Europas versammelte 37 junge Führer aus Westeuropa, Polen, Russland und den Vereinigten Staaten über 2 Jahre hinweg viermal.“
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Von der, soweit ich das nachvollziehen kann, völlig ungeprüften und daher in großen Teilen falschen faktischen Grundlage des Artikels abgesehen, scheint die Autorin etwas wahr haben zu wollen. Fehlerhaften Zitate werden anschließend sogar noch umgedeutet, um dieser Vorstellung zu entsprechen, Annahmen völlig unbegründet gemacht und als Grundlage (sogar "Beleg"!) für nachfolgende Aussagen benutzt. Beispielsweise:
Zitat: |
Hier half die Arbeithypothese weiter, dass es auch innerhalb des CFR eine Sprachregelung geben muss.
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...woraus sich dann unter Ausblendung aller Aussagen von CFR-Mitgliedern, die nicht ins Bild passen, wunderbar eine Verschwörung zusammenstricken lässt. Man kann mit Arbeitshypothesen arbeiten, aber nur, wenn man diese auch hinreichend belegen kann, was der Artikel unterlässt. Ich für meine Teil halte es für plausibler, dass eine Organisation, deren Mitglieder von George Soros über Paul Krugman und Bill Moyers zu Dick Cheney und Rupert Murdoch das gesamte politische Spektrum der USA abdecken und die zusätzlich schwer einzuordnende Persönlichkeiten wie Angelina Jolie beinhaltet, mehr als eine einzige Meinung beherbergt. Dass George Soros, der auf Rupert Murdochs Sender Fox News regelmäßig als eine Art sovietamerikanischer Satan dargestellt wird, sich mit diesem gut versteht und die gleichen Ansichten vertritt, halte ich für eine höchst alberne Vorstellung. Um Paul Krugman als neoliberal zu bezeichnen, muss man schon in einer Parallelwelt leben, und Angelina Jolie als konservativ? Dazu muss ich, denke ich, nichts sagen.
Ich könnte damit noch bis zum Ende des Artikels weitermachen, aber die Kritikpunkte bleiben im Wesentlichen die selben. Wenn man sich nicht die Mühe macht, nachzuschlagen, was etwas tatsächlich ist, sondern sich lieber etwas zusammenfantasiert, was mit den eigenen Vorurteilen zusammenpasst, kann die Welt natürlich sehr bedrohlich aussehen. Der Wahrheitsfindung ist es nicht dienlich.
Das bedeutet nicht, dass ich alle Verstrickungen des Herrn (ehemals Dr.) zu Guttenberg gutheiße oder die Rolle solcher Seilschaften in der Politik verharmlosen will. Seine kometenhafte Karriere hat er mit ziemlicher Sicherheit auch solchen Kontakten zu verdanken, und das kann man durchaus kritisch sehen. Gleich von der Heranzüchtung deutscher Politiker in amerikanischen Gehirnwäschereien zu reden, halte ich aber für weit überzogen. -- Einfachheit ist Voraussetzung für Zuverlässigkeit. -- Edsger Wybe Dijkstra |