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17.08.2008, 17:37 Uhr
0xdeadbeef
Gott (Operator)
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Zitat von Hans: |
mit der Moral ist es ja auch noch so eine Sache. Wenn der von mir früher mal zitierte N.D. Walsch seine Inspiration tatsächlich von Gott hat, wie die Buchtitel nahe legen, dann ist die Moral eines der Dinge, die wir schnellstens abschaffen müssen, wenn wir als Menschheit dieses Jahrhundert überleben wollen. Zitate hab ich gerade nicht parat, kann ich bei interesse aber nachliefern.
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Die Buchtitel legen meiner Ansicht nach eher nahe, dass er leichtgläubigen Menschen das Geld aus der Tasche ziehen will.
Zitat von Hans: |
Die [Drohung des Höllenfeuers] wiederum ignoriere ich inzwischen weitestgehend.
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Das ist ja genau mein Punkt. Du suchst dir aus, was du glauben willst, interpretierst es so, wie es dir passt, und ignorierst den Rest. Dagegen ist auch nicht wirklich etwas zu sagen, es ist allemal besser, als an einem Weltverständnis aus der Eisenzeit festzuhalten - es stellt sich aber schon die Frage, warum du die Bibel überhaupt noch brauchst, wenn dein eigenes Gehirn völlig auszureichen scheint.
Zitat von Hans: |
Man muss ja berücksichtigen, das Palästina zu jener Zeit römische Besatzungszone war. Insofern kann man die Drohung auch an die Adresse der Römer gerichtet sehen. Ist zwar möglicherweise eine etwas eigenwillige Interpretation, aber mir fällt gerade auch nichts ein, was dagegen sprechen würde.
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Ich würde argumentieren, dass du für solche Behauptungen schon etwas bieten musst, was dafür spricht, und dich nicht einfach darauf stützen kannst, dass nichts dagegen spricht. Außerdem spricht der Wortlaut der Bergpredigt durchaus gegen eine solche Interpretation; er sagt ja, wofür man in die Hölle fahren wird.
Zitat von Hans: |
sollte ich wohl machen... - Bisher hab ich unter der Bergpredigt ja nur die Seligpreisungen am Anfang verstanden. Das noch eine Menge von dem, was danach folgt, auch noch zur Bergpredigt gerechnet wird, war mir gar nicht so klar...
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Die Seligpreisungen sind ja bloß die Präambel. Der predigt da immerhin über drei Kapitel.
Zitat von Hans: |
Nun ja, in religiösen Institutionen geht es irgendwann leider auch mal um die Macht eines Einzelnen oder einer Gruppe, die eine bestimmte Interpretation vertreten. Und wenn sich diese Leute entsprechend eingerichtet haben, dann handeln sie mehr im eigenen Interesse, als im Interesse der Lehre, die sie eigentlich vertreten sollen. Und dann kann so ein Wahnsinn wie die Inquisition entstehen. Aber wie gesagt, lange halten sich solche Gruppen doch nicht, sondern irgendwann stellen sie fest, das sie sich geirrt haben, bzw. das ihre Dogmen falsch sind, oder sie werden abgesetzt. Das Dumme ist nur, das diese Zeiträume in Generationen zu messen sind...
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Naja, in diesem speziellen Fall reden wir da von ungefähr 1000 Jahren. Ich denke, das zeigt eindrucksvoll, dass sich solche Gruppen mitunter doch ausgesprochen lange halten können.
Ebenso war es in diesem speziellen Fall äußerst schwierig, einen Irrtum festzustellen, weil der Machtanspruch der Kirche auf der Unfehlbarkeit des Papstes fußt(e) - ein Dogma, das trotz seiner Lächerlichkeit bis heute nicht vollständig abgeschafft ist. Die katholische Kirche zeichnet sich vor allen anderen durch einen dickköpfigen Starrsinn aus, wenn es um Widersprüche geht - es dauerte ein Jahrhundert nach Galileo Galileis Tod, bis die Inquisition eine Herausgabe seines Gesamtwerks auch nur duldete, und weitere 80 Jahre, bis sie Bücher erlaubte, die das kopernikanische System als Fakt verwendeten. Galilei sollte 350 Jahre tot sein, bevor Johannes Paul II. 1992 (!) anerkannte, dass er recht hatte.
Es tut mir leid, aber ich kann dir nicht zustimmen, dass sich solche Dinge nur kurz hielten oder von selbst auflösten.
Zitat von Hans: |
Ansonsten reitest Du mir gerade zuviel auf dem Zeitgeist herum. Ich denke, wir sind uns einig, das religiöse Lehren immer wieder mal neu interpretiert werden müssen. Ebenso wie wissenschaftliche Erkenntnisse immer wieder mal überprüft werden müssen. Nur ist bisher innerhalb der intitutionalisierten Kirche noch niemand ernsthaft hingegangen, und hat sämtliche Lehren mit den Ergebnissen der empirischen Sozialforschung verglichen und nachgesehen, wo sie übereinstimmen und wo nicht. Oder wenn doch, dann wurde das bisher erfolgreich unter den Teppich gekehrt.
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Naja, mein Punkt ist eher, dass religiöse Lehren immer wieder neu interpretiert (bzw. geschrieben) werden müssen, wenn sie nicht in der Versenkung verschwinden wollen. Ich hätte nicht viel dagegen, wenn sie genau das täten.
Ich hätte auch nichts dagegen, wenn sie sich der gleichen Überprüfung unterzögen, der sich wissenschaftliche Theorien unterziehen müssen. Das Problem dabei ist nur, dass die Denkgrundlage hier völlig verschieden ist - wo die Wissenschaft mit den Fakten anfängt, ihre Schlüsse daraus zieht, und von einer Schlussfolgerung verlangt, dass sie belegbar ist, fängt Religion mit der Schlussfolgerung an, verbiegt sie grad so sehr, dass sie an den Fakten grad noch vorbeischlittert (oder beruft sich auf ein "Wunder") und zieht sich mit "ich sehe grad nichts, was dagegen spricht" aus der Affäre, ohne zu beachten, dass es auch nichts gibt, was dafür spricht; und oft auch ohne die Dinge zu beachten, die tatsächlich dagegen sprechen - siehe Jungfrauengeburt, Wiederauferstehung, Teilung diverser Meere und brennende Dornbüsche, zum Beispiel.
Zitat von Hans: |
(Die Strategie des unter den Teppich kehrens kann man ja zur Zeit auch in der Politik beobachten: Da versuchen die Ideologen des Neoliberalismus ja auch mit all ihrer zur Verfügung stehenden Macht, sich selbige zu erhalten, obwohl die empirische Forschung längst erwiesen hat, das die Theorien falsch sind. Nur werden diese Forschungsergebnisse entweder kleingeredet, verschwiegen oder mit haarsträubenden Argumenten zu wiederlegen versucht.)
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OT, aber Unter-den-Teppich-Kehren ist in der Politik nichts wirklich neues. Wenn du das weiter diskutieren willst, schlage ich vor, einen neuen Thread dafür zu öffnen; ich kenne mich mit Neoliberalismus nicht gut aus, und es passt nicht wirklich hierher.
Zitat von Hans: |
Das ist zwar sehr interessant, was Du da schreibst, aber das hab ich nicht gemeint. Ich hab von spirituellen Erfahrungen geschrieben. Die muss jede/r für sich selbst machen. Ein Hilfsmittel dazu ist beispielsweise die Meditation.
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Das lässt sich zwar wunderschön postulieren, aber ich kaufe es dir trotzdem nicht einfach ab. Was sind "spirituelle Erfahrungen," und welche Belege hast du dafür, dass es sie gibt, dass jeder sie selbst machen muss, und dass Meditation ein Hilfsmittel dafür ist?
Um einiges gleich vorne abzufangen, wir wissen bereits, dass das menschliche Gehirn sehr gut darin ist, Muster zu erkennen, auch wenn sie nicht wirklich da sind. Denk z.B. an ein Smileyface, das "Marsgesicht," oder schau dir das hier mal an. Viele, die eine "Begegnung mit dem Teufel" hatten, sind auf den Schwarzschnabel-Sturmtaucher oder den tasmanischen Teufel reingefallen. (Das Phänomen nennt sich übrigens Pareidolie)
Also, überzeug mich. Welche Belege hast du?
Zitat von Hans: |
Das funktioniert aber nur dann, wenn man der These zustimmt, das es zwischen Himmel und Erde mehr gibt, als die Schulweisheit sich träumen lässt.
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Mit anderen Worten, es funktioniert nur, wenn man bereit ist, sich selbst hereinzulegen. Beziehungsweise, sich einzureden, dass die Erfahrung spirituell gewesen sei.
Zitat von Hans: |
Oder, um mal einen Vergleich aus dem eigentlichen Bereich dieses Forums zu bemühen: Mit spirituellen Erfahrungen verhält es sich so ähnlich, wie mit der objektorientierten Programmierung. Da kann man jede Menge drüber lesen, ohne es wirklich zu verstehen. Und solange man es nicht selber macht, wird einem das dahinter stehende Paradigma verschlossen bleiben. Ganz ähnlich die spirituellen Erfahrungen: solange man nichts tut, was einem selbige ermöglicht, wird man sie nicht machen, und jene, die darüber reden nicht wirklich verstehen.
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Naja, der Vergleich ist schon etwas an den Haaren herbeigezogen. Der Glaube, dass es objektorientierte Programmierung gibt, ist bei deren Erlernung nur sehr begrenzt hilfreich, und die Existenz objektorientierter Programmierung ist nicht nur deutlich plausibler als die spiritueller Erfahrungen, sondern lässt sich vor allem auch schlüssig belegen - auch für Leute, die nie ein objektorientiertes Programm geschrieben haben. -- Einfachheit ist Voraussetzung für Zuverlässigkeit. -- Edsger Wybe Dijkstra Dieser Post wurde am 17.08.2008 um 17:39 Uhr von 0xdeadbeef editiert. |