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09.02.2009, 02:08 Uhr
0xdeadbeef
Gott (Operator)
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Nun bildet die Mathematik aber auch ein in sich geschlossenes System. Kein Mathematiker wird dir sagen, ob das Auswahlaxiom in der echten Welt gilt oder nicht, das ist nicht sein Fachgebiet. Alles, was die Mathematik sagt ist: Wenn dies gilt, dann gilt auch das. Das wird besonders deutlich, wenn man sich den Zusammenhang zwischen Auswahlaxiom und Kontinuumshypothese ankuckt - wenn eins gilt, gilt auch das andere, aber wenn beide nicht gelten, ergibt sich ebenfalls eine widerspruchsfreie, völlig andere Mathematik.
Physiker benutzen die Mathematik (üblicherweise mit Auswahlaxiom), weil sie bei der Betrachtung der reellen Welt sehr nützlich zu sein scheint; was die Physiker ausrechnen, funktioniert. Sollte sich dies irgendwann als Irrtum herausstellen, dann ist Umdenken angesagt.
Was den gödelschen Unvollständigkeitssatz angeht, wie die bloße semantische Machbarkeit eines Satzes wie "Dieser Satz ist eine Lüge" in diesem Zusammenhang eine Bedeutung haben soll, ist mir unklar. Nicht alle Fragen ergeben einen Sinn, nicht auf alles gibt es eine Antwort. Welche Farbe haben Einhörner?
Was die universellen Naturkonstanten angeht, zunächst mal möchte ich anmerken, dass deine Quellenlage dazu etwas dünn ist - du erzählst mir vom Buch eines Theologen, der als Quelle das Buch eines anderen Theologen benutzt, in dem ein Aufsatz eines Physikers genannt wurde; ich kann damit weder einschätzen, ob du und beide Theologen die (mutmaßlich sehr komplexe Materie) ausreichend verstanden haben, noch welche Tragweite der Aufsatz hat und ob er inzwischen überholt ist - ich weiß ja nicht mal, von wann der Aufsatz ist. Kannst du mir zumindest den Titel des Aufsatzes nennen?
Ansonsten, ich bin kein Partikelphysiker, deswegen kann ich dazu wenig Einzelheiten beitragen; eine derartige Simulation ist mir jedenfalls nicht bekannt. Es dürfte auch ziemlich schwierig sein, eine solche Simulation ohne ein Verständnis der Anfangssingularität (das die Jungs im CERN gerade auszuklamüsern versuchen) durchzuführen. Gerade der Widerspruch zwischen allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik - beides sehr erfolgreiche Theorien, die aber nicht gleichzeitig wahr sein können - dürfte eine enorme Schwierigkeit darstellen, und die Stringtheorie ist bislang völlig unerprobt (Dies lässt mich vermuten, dass der Aufsatz ziemlich alt ist, aus einer Zeit, als man diese Schwierigkeiten noch nicht verstand). Wie die Konstanten zustandekommen, ist eine gute Frage, die die Physiker voraussichtlich noch eine Weile beschäftigen wird, aber sie wurden ja nicht einfach postuliert - sie wurden beobachtet. Darauf kann man erstmal aufbauen, auch wenn die Frage nach dem "wie" sich natürlich stellt, und ein genaueres Verständnis dessen mit einiger Wahrscheinlichkeit auch vieles, was darauf aufbaut, überholen wird - so, wie die allgemeine Relativitätstheorie Newtons Gravitationstheorie oder das Orbitalmodell das Bohrsche Atommodell überholt hat.
Und grundsätzlich denke ich, dass die Methode "erst kucken, dann schlussfolgern" ganz generell ein guter Denkansatz ist, der nicht auf die Naturwissenschaft beschränkt ist. Ob es der einzige ist, ist eine andere Frage, und wenn du einen anderen, guten Ansatz kennst, möchte ich ihn gerne hören. Wichtiger ist aber im Zusammenhang mit Religion, dass "erst postulieren, dann verteidigen" ein denkbar schlechter Ansatz zur Wahrheitsfindung ist, egal auf welchem Gebiet. -- Einfachheit ist Voraussetzung für Zuverlässigkeit. -- Edsger Wybe Dijkstra Dieser Post wurde am 09.02.2009 um 02:18 Uhr von 0xdeadbeef editiert. |